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Mittwoch, 16. November 2011

Rico, der Straßenjunge und ich 4

Leider war es der Mensch, den ich im Moment am wenigsten hören wollte. Mein Ex Alexander, und sein neuer Macker standen vor mir und sahen mich belustigt an. „Na … wen haben wir da? Meinen eifersüchtigen Ex“, sagte Alex mit einem fiesen Grinsen im Gesicht. „Verpiss Dich!“, zischte ich ihm entgegen, während immer noch Tränen meine Wange runterliefen. Wieso durfte dieser Arsch glücklich sein? Alexander hatte mich vor nicht all zu langer Zeit verlassen, nachdem ich ihn mit einem anderen im Bett erwischt hatte. Damals stand ich kurz vorm Selbstmord und nur Georg hatte mich davor bewahrt, mir die Pulsadern aufzuschneiden. „Du heulst hier aber nicht wegen mir rum, oder?“, holte mich seine Stimme aus den Erinnerungen zurück. „Nein Du Depp, hau einfach ab!“, schrie. Alex lachte laut auf und zog seinen Freund hinter sich her, der mich mit einer Mischung aus Belustigung und Mitleid ansah. „Was guckst du so? Warts nur ab, bis er auch dich betrügt“ Alex drehte sich um, kam zurück und wollte mir seine Faust ins Gesicht bohren, als ihn sein Neuer zurückhielt. „Komm lass gut sein, der ist eh schon fertig genug“. Alex riss sich zwar los, ließ mich aber in Ruhe. Ein letzter wütender Blick, dann schnappte er seinen Freund und ging.


Nervlich war ich jetzt viel zu fertig, zum Heim fahren. Deshalb ging ich in die nächste Bar und ließ mich volllaufen. Im Laufe des Abends machte mich zwar ein, im Nachhinein betrachtet, echt süßer Typ an. Jedoch stand mit nicht der Sinn danach und ließ ihn gnadenlos abblitzen. Sturztrunken, von viel zu vielen Drinks, beschloss ich gegen 1 Uhr heimzufahren. Vor der Bar angekommen, bekam ich direkt die nächste Keule. Vollends vom Alkohol benebelt, torkelte ich zum Auto zurück, stieg ein, startete den Motor, gab mit quietschenden Reifen Plattgas und raste unangeschnallt los. Vorfahrt beachten? Wozu, wer bremst, verliert. Ich raste wie ein Besessener, Verkehrsregeln interessierten mich nicht mehr. Wie viele Vorfahrt beachten Schilder, ich bereits missachtet hatte, kann ich bis heute nicht genau sagen. Jedenfalls kam kurz vor Grünwald, mein vorerst letztes. Das Auto, einen roten Golf, übersah ich in meinem Rausch völlig. Viel zu spät … erst Sekunden vor der Kollision, registrierte ich, was los war und versuchte noch zu bremsen. Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit erschienen. So besoffen ich vorher war, so klar wurde ich jetzt im Kopf. Dann schepperte es und alles um mich herum wurde schwarz …

‚Wo bin ich? ‘, hallte es durch meinen Kopf. Ich lag an einem Strand, die Sonne schien und neben mir lag Rico. Er blickte auf und wir küssten uns zärtlich. Glücklich schmiegte ich mich an ihn und genoss seine warme, weiche Haut und die Nähe. Plötzlich spürte ich Schmerzen, überall in meinem Körper. Dieser perfekte Moment zerplatzte, wie eine Seifenblase. Verzweifelt versuchte mich, an Rico zu klammern. Doch ich spürte, wie mir alles entrissen wurde. Alles um mich herum wurde weiß und hell. Der süßeste Junge des Universums löste sich langsam auf und sein Lächeln wurde eins mit dem Licht. Dann war es nur noch hell um mich herum und ich schlief wieder ein …

Drei Tage später:

Piep … piep … piep. Nur mühsam gelang es mir, mit starken Schmerzen in im Kopf, dem rechten Arm und Bein und der Brust, langsam meine Augen zu öffnen. Ich fand in einem weißen Raum, angeschlossen an unzähligen Geräten wieder. Als nächstes spürte einen Schlauch in meinem Hals, den ich mit letzter Kraft rauszuholen versuchte, was aber nicht gelang. Die Tür ging auf und ein Mann und eine Frau in weißen Kitteln kamen herein. Die Frau redete beruhigend auf mich ein, während der Mann mir den Schlauch aus dem Mund zog. Von dem, was danach passierte, bekam ich nicht mehr viel mit. Ich wollte nur noch eines … einschlafen und wieder mit Rico am Strand liegen. Die Augen fielen mir zu und ich dämmerte weg …

„Basti? ... Basti wach auf!“ Ich öffnete die Augen und erkannte, dass ich immer noch in diesem weißen Raum lag. Georg stand neben mir und lächelte mich an. „Na Alter? Auch wieder unter den Lebenden?“ Das sprechen fiel mir schwer, denn mein Hals war Staubtrocken. Deshalb deutete ich stumm auf den Wasserspender im Zimmer und Georg verstand sofort. Er ging rüber und holte mir einen Becher Wasser denn ich schnell runter kippte. Endlich konnte ich meinen Hals wieder spüren „Wie lang schlafe ich schon?“, presste ich mühsam hervor. „Drei Tage ungefähr“, sagte Georg und guckte mich ernst an. „Sag mal, was hast du denn da draußen getrieben?“ „Ich hab riesen Scheiße gebaut mit Rico“, stammelte ich. „Aha und deshalb liegst Du hier auf der Intensivstation und dein Auto ist Schrott?“ „Nein, ich bin in eine Bar und hab mich volllaufen lassen und dann war plötzlich der andere Wagen vor mir“. Georg blickte mich ernst an: „Der anderen Fahrerin geht soweit gut. Sie hat wohl auch nicht vor Anzeige zu erstatten gegen dich“. Ich spürte eine Welle der Erleichterung in mir und viel erschöpft zurück in meine Kissen. „Waren meine Eltern schon da?“ „Dein Vater ist sofort hier her geflogen. Sie waren immer vom Anfang bis zum Ende der Besucherzeit hier.“ „War Rico auch mal da?“, fragte ich vorsichtig. „Nein er war nicht da. Aber woher sollte er auch wissen, das du hier liegst?“ „Ich muss sofort zu ihm“, sagte ich und versuchte sofort aufzustehen. „Nein … nein du bleibst schön liegen“, reagierte Georg und hielt mich zurück. „Ich hole jetzt erstmal den Doktor und Deine Eltern“.

Zehn Minuten später standen ein Arzt, meine Eltern und Georg im Raum und sahen mich an. „So Herr äh… Fechner, sie hatten verdammtes Glück. Nur ein paar km/h schneller und wir hätten nichts mehr für sie tun können“. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter, war ich wirklich nur so knapp dem Tod entgangen? „Sie haben neben einem Schädel-Hirntrauma, auch eine Fuß- und Armfraktur, sowie zwei angebrochenen Rippen. Es wird noch einige Wochen dauern, bis Sie hier wieder rauskommen“. Der Arzt sah zuerst mich, dann meine Eltern an und verließ dann den Raum. Sofort stürmten meine Mum und mein Dad auf mich zu. „Ich kann Euch das erklären“, stammelte ich und versuchte ihnen nicht direkt in die Auge zu blicken. „Das musst Du nicht Schatz“, sagte meine Mutter nun. „Georg hat uns schon alles erklärt“. „Was?“ fragte ich und blickte Georg an. Der grinste mich nur breit an. „Wenn mich früher ein Mädchen so abgeschossen hätte, dann hätte ich mich auch volllaufen lassen“, sagte mein Vater und lächelte. Nun war ich vollkommen verwirrt. Doch dann dämmerte es mir langsam. Georg hatte meinen Eltern eine falsche Geschichte vorgesetzt, er wusste, dass ich Angst davor hatte mich daheim zu outen. „Aber dann noch Auto zu fahren war wirklich leichtsinnig von dir Junge“, sagte meine Mutter mit ernstem Gesicht. „Wenn du hier wieder raus bist, werden ein ernstes Wort darüber reden müssen“, verkündete mein Vater. „Sollen wir hier bei dir bleiben oder schaffst du es alleine?“ „Ich schaff das schon, Aber Ihr dürft mich gerne besuchen komme“, grinste ich und sah ein kurzes Lächeln über das besorgte Gesicht meiner Mum huschen.

Es dauerte weitere vier Wochen, bis ich endlich heim durfte. Ein Monat, an dem kein Tag verging, an dem ich nicht an Rico denken musste. Ich hoffte so sehr, das er mir vergeben würde, wenn ich ihn wiedersehe. 

Am Tag meiner Entlassung holte mich Georg aus dem Krankenhaus ab. Meine Eltern waren wieder unterwegs und konnten nicht kommen. Ich konnte mittlerweile wieder, fast ohne Krücken laufen und auch meine Rippen schmerzten kaum noch. Nur mein Arm, der gleich mehrfach gebrochen war, war noch eingegipst und verursachte leichte Schmerzen. Daheim angekommen half mir Georg nur noch meine Sachen nach oben zu bringen und fuhr danach heim. Alles war so wie immer, nur meine Mum schien wohl mal gefegt und gesaugt zu haben, da alles relativ sauber aussah. Ich ging zu meiner Couch und setze mich erst einmal hin. Während ich so dasaß und die Stille auf mich einwirkte, überkam mich der Gedanke an Rico. Wahrscheinlich hatte ich ihn für immer verloren, denn ich sah keine Möglichkeit ihn jemals zurückzugewinnen. Wieder stiegen die Tränen in mir auf, ich versuchte mich zwar zu beherrschen, aber es klappe nicht. Ich schluchzte laut auf und dann öffneten sich die Schleusen. Alles kam wieder hoch, die Trauer um Rico, die Begegnung mit meinem Ex, der Unfall, einfach alles. Ich schnappte mir ein Taschentuch und versuchte damit die Tränen wegzuwischen, aber es wurden immer mehr. Also ergab ich mich, ließ mich auch die Seite fallen und heulte so lange, bis die Tränen irgendwann von selber versiegten.

Erst eine gute Stunde später war ich endlich wieder bereit etwas zu tun. Wenigstens hatte die Heulerei meinen Geist soweit befreit, das ich endlich wieder klar denken konnte. Also begann ich langsam meinen Taschen auszuräumen und warf die dreckigen Sachen in den Wäschesack in meinem Bad. Den Rest wie Bücher oder Spiele, legte ich an den angestammten Platz zurück und verstaute zuletzt die Tasche in meinem Schrank. Danach versuchte ich meinem Ausbilder anzurufen, was mir auch gelang. „Guten Tag Herr Hegewald hier spricht Sebastian Fechner.“ „Hallo Herr Fechner, wie geht es ihnen? Ihre Mutter hat mir von Ihrem Unfall berichtet.“ „Danke, soweit ganz gut, wurde ja heute wieder entlassen.“ „Ich würde mich gerne mit Ihnen über Ihre weitere Ausbildung unterhalten, sobald Sie wieder im Hause sind. Der fehlende Monat, hat sie ja etwas zurückgeworfen und da frage ich mich, ob wir Ihre Ausbildungszeit nicht besser entsprechend verlängern sollten.“ „Ich melde mich bei Ihnen sobald ich wieder da bin Herr Hegewald. Denn noch bin ich zwei Wochen krank geschrieben.“ Rufen Sie mich einfach zwei Tage vorher noch einmal an Herr Fechner, dann passt das schon.“ „Ja werde ich machen. Bis dann, auf Wiederhören.“ „Gute Besserung Herr Fechner.“ Damit war das Gespräch beendet, worüber ich auch nicht gerade unglücklich war. Denn mein Ausbilder und ich hatten, wohl vor allem auch weil mein Ex Freund sein Sohn war, ein recht schwieriges Verhältnis zueinander. Müde ließ mich vorsichtig aufs Bett fallen, schloss die Augen und döste ein relativ entspannt ein …

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