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Samstag, 28. Juli 2012

Rico der Straßenjunge und ich 18

Es gab Semmel, Käse, Wurst und Salat. Erst als das Essen vor mir stand bemerkte ich, wie hungrig ich eigentlich war. Schnell schnitt ich die Semmel auf und belegte die obere Hälfte mit Gouda.

Während des Essens gab es nur eins beziehungsweise einen, woran ich denken konnte, BASTI. Auch wenn ich ihn eigentlich kaum kannte, fühlte ich eine solche Verbundenheit zu ihm. Konnten wir es noch mal von vorne versuchen? Vor allem würde er es noch mal versuchen wollen? Hatte Basti noch die Kraft dazu? Aber zuerst musste ich mich wieder erinnern, vor allem auch an den Grund, weshalb ich hier lag.

Nachdem ich auch meine zweite Semmelhälfte gegessen hatte, legte ich meinen Kopf ins Kissen zurück und schloss die Augen. Ich hatte sicher noch ein paar Momente, bevor Basti wiederkommen würde. Doch gerade, als ich dabei war wegzudämmern, erschien Bastis Kopf in der Tür.

„Hi Sch…, äh Rico.“ Er lächelte verlegen. „Hi du!“, grinste ich. Ich klopfte auf das Bett und Basti setzte sich. „Also was willst du alles wissen?“ „ALLES!“ „Alles?“ „Naja, wie wir zusammengekommen sind“ „Willst du wirklich…? Ich will nicht, das dich dann alles auf einmal einholt.“ Zögerlich nahm ich Bastis Hand und sah ihm in die Augen. „Ich will das wirklich wissen, bitte!“ „Hmmm ok … Also unsere ganze Geschichte begann an einem regnerischen Tag im September …“


Eine gute Stunde später, war Basti mit erzählen fertig. Er hatte nichts ausgelassen. Unser erstes Treffen, das erste missglückte Date, sein Unfall danach, und wie wir uns wieder gesehen hatten, Nico und wie wir dann endgültig ein Pärchen wurden. Danach noch sein Comming Out bei seinen Eltern, unsere Zeit bei Georg, unser erstes Mal und zuletzt unsere gemeinsame Wohnung.

Dabei haben wir die ganze Zeit, unbewusst, Händchen gehalten.

Aber auch jetzt, wo ich es bewusst wahrnahm, fühlte es sich zu richtig an, um seine Hand loszulassen.

Schweigend sahen wir uns in die Augen. Irgendwie suchte ich nach den richtigen Worten für das geschilderte, aber ich bekam nur ein doofes: „WOW, wir haben echt viel erlebt …“, zustande. Basti nickte nur. „Und wie ist das hier passiert?“ dabei zeigte ich auf meinen Bauch.

„Ich glaube das wäre nicht …“ „Basti, bitte! Ich verkrafte das schon. Aber diese Ungewissheit ist so schlimm!“ „Ok … ich hab dir doch von Nico erzählt?“ „Der Typ, mit dem ich vor dir zusammen war?“ „Ja genau, er war oder ist wohl immer noch in dich verliebt und ist an jenem Abend bei uns aufgetaucht. Er hat dich angebettelt mich für ihn zu verlassen. Es kam dann zum Streit. Nico hat mich gegen die Komode im Flur gestoßen. Und als, als …“

Tränen glitzerten in Bastis Augen. Er stand auf und ging zum Fenster. Reglos blickte er hinaus. „Shit! Basti was …?“ Basti sah mich wieder an. Er weinte nun richtig. „Ich war machtlos … Er hat dir einfach das Messer reingerammt …! Ohne zu zögern und ich konnte nichts machen … ich war zu schwach. Bitte gib mir nicht die Schuld“, schluchzte er. Ich verstand gar nichts. „Basti, bitte komm wieder her!“ Zögerlich setzte er sich wieder. „Was ist genau passiert?“ Basti wischte sich die letzten Tränen weg und atmete einmal tief durch. „Nico hat mich weggestoßen und ich hab mir dabei den Kopf gestoßen. Als ich dann bewegungslos am Boden lag, habt ihr euch weiter gestritten. Nico hat dann ein Messer gezogen und dich niedergestochen.“ Wieder glitzerten Tränen in Bastis Augen. „Ich hab dann noch versucht dich zu retten bin dann aber selber zusammengebrochen. Georg hat uns dann entdeckt und den Krankenwagen gerufen … es tut mir so leid.“

Wieder fing Basti an, zu weinen.

Das alles traf mich mit der Wucht eines Hammers. Mir wurde gleichzeitig heiß und kalt, trotzdem musste ich erst Basti beruhigen. Meine eine Hand nahm wieder die Seine und mit der anderen strich ich zärtlich über sein Gesicht, um ihm die Tränen wegzuwischen. „Pssst, alles ist gut. Ich bin nicht sauer auf dich oder beschuldige dich."

Unsere Blicke trafen sich. Die Zeit schien plötzlich stillzustehen. Langsam näherten sich unsere Köpfe. Wir küssten uns! Unsere Lippen vereinten sich nur für den Bruchteil einer Sekunde. Aber das reichte aus, um mich zu elektrisieren. Ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper. Als wir uns voneinander lösten, blickte mich Basti schüchtern an. „Sorry, ich wollte …“ Schnell legte ich einen Finger auf seinen Mund. Er sah mich erstaunt an. „Ich wollte aber!“, hauchte ich ihm entgegen. Doch bevor wir uns erneut küssen konnten, öffnete sich die Tür wieder. Die Schwester, die gerade den Raum betreten wollte, blieb wie angewurzelt stehen. Unsere Position war wohl eindeutig genug für sie, um einen hochroten Kopf zu bekommen. „Sie sollten schlafen gehen!“, brabbelte Sie schnell und verließ dann den Raum.

Wir prusteten sofort los. „Die hat wohl noch nie zwei Schwule beim Küssen gesehen!“, lachte Basti.

Als wir uns beruhigt hatten viel mein Blick auf die Uhr. Es war wirklich schon spät. „Basti, der Abend war echt schön, aber guck mal auf die Uhr“ „Oh, ich sollte vielleicht gehen! Aber darf ich dir noch eine Frage stellen?“ „Ja klar!“ „Glaubst du das wir es noch mal schaffen? Also eine Beziehung?“ „Hmmmm, ich habe Gefühle für dich Basti …“ „Aber?“ „Aber ich kenne dich erst seit guten zwei Tagen. So kommt es mir zumindest vor. Irgendwie ist das alles so fremd für mich. Lass mir bitte Zeit, um das alles zu ordnen“ „Ja klar …“ Er nahm wieder meine Hand. „Rico ich liebe dich, und du hast so viel Zeit, wie du brauchst. Ich will dich nicht drängen. Und das du Gefühle für mich hast bedeutet mir sehr viel“ Wir sahen uns noch mal tief in die Augen. „Achso ich werde morgen entlassen. Aber ich komme dich jeden Tag besuchen, wenn ich darf?“ „Sehr gerne, können wir morgen noch zusammen Essen? Unser erstes Date nachholen?“ „Oh, ja klar. Georg kommt erst am Nachmittag“ „Wohnst du dann bei ihm?“ „Ja, ich kann, noch, nicht in die Wohnung zurück …“ „Hmmm, ja verstehe ich."

„Ok jetzt aber wirklich. Gute Nacht Rico!“ „Gute Nacht Basti“ „Darf ich …? Ach egal!“

Basti stand auf. „Nein, was willst du?“ „Das ist doof, sorry!“ „Basti! Jetzt sag schon!“ „Aber nicht lachen.“ „Nein.“ „Darf ich dir noch einen Gutenacht-Kuss geben?“, ich grinste. Statt zu antworten, zog ich ihn zu mir runter und gab ihm einen Kuss.

Wir lösten uns wieder voneinander und bei mir hatte sich wieder das gleiche Gefühl wie eben eingestellt. Auch Basti lächelte selig. „Gute Nacht", sagte er noch mal beim Rausgehen und verschwand dann.


Ich ließ meinen Kopf zurück ins Kissen sinken. Er fühlte sich schwer an. Kein Wunder nach den ganzen Infos.

Irgendwie stellte sich keine Müdigkeit bei mir ein. Das eben erlebte wühlte mich zu sehr auf. Die Gefühle, die ich gerade beim Küssen erlebt hatte, waren überwältigend. Nicht nur Geilheit, sondern dieses Kribbeln im Bauch. Seine Berührungen waren wie Stromschläge für mich. Wie schaffte Basti das nur? Solche Gefühle in mir zu wecken. Nie hätte ich mir erträumt, mal so etwas zu erleben. Meine Gedanken reichten früher nur von einem zum nächsten Tag. Ob ich genug zu Essen haben würde und die Nacht nicht zu kalt war.

Jetzt plante ich schon in die Zukunft. Würde es mit Basti noch mal klappen? Würde er mich noch mal wollen? Warum nicht? Schließlich hat es schon mal geklappt!

Vielleicht sollte ich die Vergangenheit ruhen lassen. Mir die Beziehung mit Basti von vorne aufbauen.

Mir wurde plötzlich klar das Ich ihn liebte. Und ich werde ihn immer lieben egal, was ist.

Irgendwie viel plötzlich eine Last von mir ab.

Mein Entschluss stand fest, ich würde den Neuanfang mit Basti wagen!

Nun kam auch die Müdigkeit. Meine Augen wurden schwer, genauso wie mein restlicher Körper.

Langsam glitt in den Schlaf …


… Und wachte gute zwei Stunden später schweißgebadet wieder auf.
Ich hatte geweint. Vorsichtig richtete ich mich etwas auf. Es war erst 01:00 Uhr.
Was war das gerade?

Wir standen in einem Flur, dieser Junge, Nico, stand mir gegenüber. Basti war nicht zu sehen.

Er redete auf mich ein. Aber ich verstand ihn nicht. Dann zog er etwas aus seiner Hose … Und ich wachte auf.

Total aufgewühlt und erschöpft legte ich mich wieder hin und schlief nach einiger Zeit wieder ein.

Insgesamt wachte ich noch drei Mal auf. Immer die gleichen Bilder und Emotionen. Aber jedes Mal war ich noch verstörter als vorher.

Das letzte Mal wurde ich um sechs Uhr wach. Ich wollte nicht wieder einschlafen. Hatte zu viel Angst das noch einmal sehen zu müssen.

Diese Bilder, bevor ich aufwachte, waren sie das Ereignis, was mich hier hergebracht hatte? Aber wo war Basti? Er hatte gesagt er wurde von Nico geschupst. Lag er hinter mir? Ich schaffte es nie, selbst zu handeln. Es war, wie ein Film der immer und immer wieder abgespielt wurde.

Sollte ich Basti das erzählen? Nein! Er würde mich sicher für verrückt erklären.


Ab sieben begann wieder mein üblicher Morgenmarathon. Zuerst Frühstück, dann Visite und Untersuchungen. Um zehn Uhr kam Frau Koch. Ich erzählte Ihr von dem Traum und was ich dabei fühlte. Sie versuchte, mir Mut zu machen. Das wäre ein normaler Prozess und sogar ein großer Sprung für mich. Ich sollte es auch Basti sagen. Er ist ja Teil meines Lebens und sollte von meinen Fortschritten erfahren.

Ich fragte Sie auch ob die Idee mit dem Neuanfang gut wäre. Sie pflichtete mir bei das es Basti und mir gut tun würde, die Vergangenheit hinter uns zu lassen. Ich sollte aber erst mit ihm reden …


Gerade als Frau Koch gegangen war, kam auch schon Basti.

„Hi, gut geschlafen?“ „Hmmmm eher nicht“ „Oh, was war denn?“ „Setz dich bitte mal."

Basti wurde sofort kreidebleich und setzte sich neben mich. „Ich glaube ich habe von Nicos Angriff geträumt …“ „Du erinnerst dich also wieder an etwas? Das ist doch super!“ „Das meinte Frau Koch auch.“ „Na also, warum machst du dir denn dann Sorgen?“ „Ich mache mir ja keine Sorgen … das hat mir nur Angst gemacht“ „Hmmm, ja das verstehe ich. Aber wir schaffen das gemeinsam!“, dabei nahm er wieder meine Hand. „Danke Basti“ bevor er etwas sagen konnte fing mein Bauch an zu knurren. Basti lachte. „Na da hat einer Hunger!“ im gleichen Moment knurrte es auch in seinem Magen. Jetzt lachte auch ich. „Scheinbar nicht nur ich.“

„Kannst du laufen?“ „Geht schon, aber …“ Schon war Basti verschwunden und kam fünf Minuten später mit einem Rollstuhl wieder. „Ich wollte sagen, dass ich es mal versuchen will“, schmunzelte ich. „Nein, du hockst dich da jetzt rein und ich schiebe dich!“ „Ok, ich gebe mich geschlagen."

Mit etwas Mühe saß ich dann im Rollstuhl und Basti schob mich zum Aufzug.

Unten angekommen ergatterten wir auch gleich einen freien Tisch.

„Such dir was aus, Ich hol das dann!“ Nach etwas gucken entschied ich mich dann für die Rouladen mit Klößen.
Als Basti das Essen holte, ließ ich meinen Blick schweifen.

Ein paar Tische weiter saß ein junger Mann. Er saß auch im Rollstuhl und kam mir bekannt vor. Während ich noch versuchte sein Gesicht einem Namen zuzuordnen kam ein zweiter Junge an den Tisch. Die beiden küssten sich und verschwanden dann.

Schon kam Basti wieder zurück. Er balancierte ein Tablett mit zwei Tellern und Getränken. Er stellte es in die Tischmitte und setzte sich mir gegenüber. „Lass es dir schmecken!“ „Danke, du dir auch.“

Und es schmeckte wirklich fantastisch. Während des Essens erzählte mir Basti etwas über sich, was er arbeitete, Hobbys und so weiter. Ich hörte ihm gespannt zu und kommentierte alles nur mit gelegentlichem Kopfnicken.
Nachdem wir fertig waren, brachte Basti schnell die Teller weg. Als er wieder kam, zog er seinen Stuhl etwas näher zu mir. „Basti ich will mit dir reden, aber lass uns das auf dem Zimmer machen ...“ „Oh, ok“, er wurde wieder bleich und schob mich schweigend auf mein Zimmer. „Nimm dir mal ‘nen Stuhl und komm her!“

Schon saß Basti mir gegenüber und sah mich erwartungsvoll an.

„Basti, ich hab die letzte Nacht noch über uns nachgedacht. Wie es mit uns weitergehen soll ... Gefühlt kenne ich dich erst ein paar Tage, aber trotzdem fühle ich mich so verbunden mit dir als wären wir schon Jahre zusammen. Solche Gefühle wie für dich hatte ich noch nie in meinem Leben und werde ich auch nie wieder haben. Ich weiß, dass ich gesagt habe, dass ich Zeit brauche, um das zu verarbeiten. Aber ich will mir diese Zeit mit dir nehmen. Du gibst mir einfach so viel alleine, wenn du mir nur zuhörst.

Ich hatte das noch nie das Ich alleine bei dem Gedanken an einen Menschen Kribbeln im Bauch bekomme oder das mir jede seiner Berührungen eine Gänsehaut auf den Körper zaubert.

Mir ist gestern bei allem eines klar geworden: Ich liebe dich! Und das werde ich immer tun, egal was kommt.

Ich will einen Neuanfang mit dir. Lass uns die Vergangenheit vergessen und nach vorne blicken.

Willst du es noch mal mit mir versuchen? Auch wenn ich, mich nie mehr erinnern sollte, an das, was war?“

Basti Augen glänzten feucht. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich während meiner Rede seine Hände genommen hatte.

„Meinst ... meinst du das Ernst? Bitte verarsch mich nicht!“

„Das ist mein voller Ernst! Der ganze Abend gestern mit dir hat mir das klar gemacht Basti. Also willst du mich?“

„Du DEPP! Klar will ich dich!“ Tränen rollten über seine Wange und auch bei mir öffneten sich alle Schleusen. „Ich liebe dich auch Rico, mit allem Konsequenzen!“

Unsere Lippen vereinten sich zu einem langen Kuss. Schauer um Schauer durchfuhr meinen Körper. Als wir uns voneinander lösten, funkelten Bastis Augen.

Glücklich sah ich ihm in die Augen. Die ganze Last der letzten Stunden fiel von mir ab.

Keiner sagte etwas. Jedes Wort hätte diesen Moment zerstört. Wir sahen uns nur an und hielten Händchen. Das Kribbeln in meinem Bauch wurde immer stärker.

Wir küssten uns wieder und wieder. Eine kleine Knutscherei entstand. Plötzlich stand Basti auf und hievte mich nach oben. Ich schlang meine Arme um seinen Hals. Erneut vereinten sich unsere Lippen. Basti trug mich zum Bett und legte sich neben mich.

Ich schwebte auf Wolke Sieben als Basti sich nah an mich kuschelte. „Ich liebe dich Sebastian Fechner!“ „Ich liebe dich auch Rico Fernandez!“

- ENDE -

Kleiner Nachtrag:
Das war heute der letzte Teil der ersten "Staffel"
Übernächste Woche geht es dann hoffentlich an neuer Stelle, unter neuem Namen mit der zweiten "Staffel" weiter

Lg
stylomarkus

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