Fast zwei Wochen dauerte es, bis die Antwort von
Aaron Lang aus Berlin eintraf. Wie sich herausstellte, wiesen die
ersten Kunstdrucke des Bildes, alle diesen Fehler, mit der falschen
Augenfarbe im Wolfskopf des Ringes auf. Somit war endgültig sicher, dass
Ludolf Hinkel keine Marionette war, sondern niemand anderes als der
Vater aller Werwölfe Vitali Dracul …
Aus Sicherheitsgründen wurde daraufhin
von Leon, Xaver und Rupert entschieden, das die Filme erst ausgetauscht
werden sollten, wenn sie sich auf dem Transportweg befanden …
5: WJ Zeltlager Waffenbrunn
Hell strahlte
die Nachmittagssonne, über dem auf einer Lichtung errichteten WJ
Zeltlager, in Waffenbrunn, wo sich Hunderte von Jugendlichen, fröhlich
im Wasser eines Sees tummelten, um sich Abkühlung zu verschaffen. Hier
hatte Chris Franzenstein gemeinsam mit einigen anderen Betreuern die
Aufsicht übernommen, damit sich Matthias und Johannes Kusenberg im
Nachbardorf ungestört mit Leon und Xaver treffen konnten, die erst am
Abend zuvor angereist waren. ‚Dein Neffe hat hier keinen so leichten Stand, wie er dich glauben ließ‘, begann Matze zu berichten. ‚Vorgestern
Abend wäre er beinahe von einigen Jungs verprügelt worden, als sie nach
Sonnenuntergang heimlich nackt im See baden wollten. Sein Puller ging
ihm beim Anblick, der nackten Körper seiner Kameraden, sofort steil‘, ergänzte Hannes. ‚Chris
und wir konnten es gerade noch verhindern. Aber jetzt will natürlich
keiner der anderen Jungs mehr mit ihm in einem Zelt schlafen‘, verriet Matthias.
Könnte es sein, dass Markus schwul war, oder war es einfach nur
jugendliche Erregtheit, die seinen Puller steil gehen ließ? Diese
Fragen, die Xaver in diesem Moment durch den Kopf gingen, mussten
dringend geklärt werden, denn in dieser Nacht sollten ‚die Filme‘ von
Berlin nach Waffenbrunn transportiert und übermorgen Abend im Zeltlager
vorgeführt werden. Was dies für seinen Neffen bedeuten würde, wenn es
ihren Männern nicht gelänge, den Transport zu stoppen und die Filme
auszutauschen, lag klar auf der Hand, da nicht nur die Juden dadurch in
ein völlig falsches Licht gerückt, sondern eindeutig auch der Hass auf
Homosexuelle damit geschürt werden würde. Den jungen Männern im
Zeltlager reichte ja so schon der bloße Verdacht aus, um Markus Lenz
verprügeln zu wollen …
„Markus, komm … du kannst mir helfen Holz für das abendliche
Lagerfeuer zu sammeln“, rief Franzenstein dem jungen Mann zu, der
Abseits seiner Gruppe auf einem Baumstumpf saß und in sich gekehrt
wirkte. Warum hatten ihn seine Kameraden als schwule Sau beschimpft und
sich geschlossen auf ihn gestürzt, nachdem sie seine voll erregte
Männlichkeit bemerkten? Hatte er denn etwas anderes gemacht als sie.
Wozu badet man sonst nackt? Doch nur, um ungestört Blicke zwischen die
Beine anderer Jungs werfen zu können. Und keiner von ihnen konnte
behaupten, nicht wenigstens halbsteif gewesen zu sein. Für den Huber
Micha, war das natürlich ein gefundenes Fressen, dabei hatte auch er am
ersten Abend dafür gestimmt, als es darum ging Markus zum Zeltsprecher
zu machen.
Wenn die Gerüchte stimmten, die über den Sohn des Tischlermeisters
Huber herumgingen, dann war er einer der Redelsführer gewesen, als der
Salon vom Barbier Levi Strauss dem Erdboden gleichgemacht wurde.
„Markus?“ Lenz blickte auf und schaute in die braunen Augen seines
Gruppenleiters Chris Franzenstein. ‚Wenn er und die Kusenbergs nicht
gewesen wären, dann wäre ich nicht nur mit blauen Flecken
davongekommen‘, dachte Lenz. „Na komm schon“, forderte Franzenstein den
Sohn des Hofbräuhauswirtes erneut auf. „Muass des sein?“, fragte Markus
nervös. ‚Was ist nur mit mir los? Warum hab ich jedes Mal so ein Gefühl
im Bauch, als würden Schmetterlinge darin tanzen, wenn dieser Chris
Franzenstein mich anspricht?‘, dachte er und stand langsam auf …
‚Und wo schläft er jetzt?‘, hinterfragte Xaver. ‚Bei Chris im Zelt. Wir Betreuer genießen den Luxus, Zweimannzelte für uns zu haben und bei ihm war noch ein Platz frei‘, informierte
Johannes wahrheitsgemäß. „Die beiden würden übrigens ein süßes Pärchen
abgeben“, witzelte sein Bruder. Ihm und Matthias war nämlich durchaus
nicht entgangen, dass Christian Markus seit dessen Ankunft mehr als nur
flüchtige Blicke zugeworfen hatte. Xavers Gedanken begannen zu rotieren.
Weil wenn Franzenstein wirklich Gefühle für den jungen Bayern hegte und
dieser diese erwiderte, würde es auf jeden Fall leichter werden, in von
der falschen Ideologie der WJ zu überzeugen und Markus zur Umkehr zu
bewegen …
Zur gleichen Zeit, saßen Chris und Markus mitten im Wald auf einem
gefällten Baumstamm. „Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du
wunderschöne Augen hast?“, fragte Christian mit einem tiefen Blick, in
die grau-blauen Augen des jungen Müncheners. Der wusste zunächst nicht,
was er darauf antworten sollte. „D … d … danke, deine auch“, stotterte
er verlegen. Die Schmetterlinge in Markus‘ Bauch flogen immer schneller
und sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Ohne das er es hätte verhindern
können, näherte sich sein Kopf dem von Christian, bis sich ihre Lippen
ganz zärtlich berührten. Franzenstein umarmte den jungen Mann, dann
schlossen sich ihre Augen, ihre Lippen öffneten sich ein wenig und schon
schnellten ihre Zungen hervor und umspielten sich. Zunächst noch scheu,
doch dann immer fordernder und intensiver.
Nur allmählich wurde Markus bewusst, was er da gerade tat. Erschrocken
löste er sich aus der Umarmung und machte einen kleinen Satz seitwärts.
Mit weit aufgerissenen Augen blickte er hektisch umher. Wenn das
zufällig jemand aus dem Lager mitbekommen hatte, wäre er endgültig
geliefert. „Was hast du?“, fragte Chris mit ruhiger Stimme. „Fandest du
es nicht schön?“ „Ja doch äh nein. Das ist wider die Natur“, antwortete
Markus mit vor Angst bebender Stimme. „Was ist wider die Natur?“ „Ein
Wolfsjunge küsst sich nicht mit einem anderen.“ „Auch nicht wenn er ihn
liebt?“ Was fragte sein Betreuer ihn da? Jetzt war es endgültig um seine
Fassung geschehen. Hatte er deshalb einen Steifen bekommen … fühlte er
sich etwa zu Jungs hingezogen? Hatte er deshalb dieses
Schmetterlingskribbeln im Bauch? Es fühlte sich richtig an, aber die
Gesetze und auch die Kirche sagten doch etwas anderes. „Aber es ist
verboten, es widerspricht den Regeln unserer Gemeinschaft.“ „Wenn dir
Morgen verboten würde, Schweinefleisch zu essen, würdest du dich danach
richten?“ „Das ist, doch wohl etwas völlig anderes“, antwortete Markus.
„Im Prinzip schon, aber andererseits auch wieder nicht. Nicht alles, was
per Gesetz oder die Kirche verboten ist, muss zwangsläufig falsch
sein“. Irgendwie musste Markus ihm zustimmen. Denn irgendwas, zog ihn
magisch zu dem braunäugigen Betreuer hin. Es dauerte eine Weile, bis er
erkannte, was es war. Doch dann, als er tief in sich hinein gehorcht
hatte, musste sich der junge Bayer eingestehen, dass ihm der Kuss sehr
wohl gefallen hatte. Mehr noch, er hatte sich in Chris Franzenstein
verliebt …
‚Was glaubt ihr, meint Chris es ernst mit meinem Neffen oder versucht er ihn einfach nur ins Bett bekommen.?‘ Sicher,
auch Leon und er nutzten jede sich bietende Gelegenheit aus um mit dem
erstbesten Jüngling der ihnen über den Weg lief Sex zu haben. Aber
Markus war halt sein Neffe und für den wünschte sich Xaver halt eine
Beziehung mit allem, was dazugehört. ‚Mach dir darum keine Sorgen, so wie er ihn anschaut, meint er es ernst‘, entgegneten
die Brüder. Die vier Gaypire standen auf und marschierten langsam
Richtung Wald, um dort ungestört über den bevorstehenden Überfall auf
den Transporter reden zu können. Auch mussten sie Vorkehrungen treffen,
um die Filmvorführung Notfalls zu verhindern, falls ihre Agenten in
Gefangenschaft gerieten und die Filme ihr Ziel in Waffenbrunn erreichen
sollten.
„Xaver und ich werden auf jeden Fall in der Nähe des Zeltlagers sein,
bevor der Transport eintrifft“, erklärte Leon den Kusenberg-Brüdern.
„Sollten es nicht unsere Männer sein, die im Transporter sitzen, haben
wir von Yashito einige kleine Brandsätze und Rauchbomben, das sollte auf
jeden Fall für genügend Specktakel im Zeltlager sorgen“, verriet Xaver
leise. „Außerdem treffen Morgen in aller Frühe zweihundert Ninjas ein,
die unter der Leitung von Yoshi und Rupert, oberhalb des Lagers im Wald
Campiren und auf Abruf bereitstehen werden.“ „Gibt es dort Welpenbefall
oder ist euch ein Leitwolf aufgefallen?“, fragte Xaver einer plötzlichen
Eingebung folgend. „Na ja, die Jungs aus Markus‘ Zelt könnten Welpen
sein, so wie die sich verhalten. Sie riechen auch ein wenig streng für
Gaypirnasen“, verriet Johannes unsicher. Durch die täglichen Lagerfeuer
bedingt, nahmen sowohl die Kleidung als auch die Körper aller
Teilnehmer, den Geruch des verbrennenden Holzes an. „Wie viele sind es
in einem Zelt?“, hinterfragte Leon angespannt. „Normal sind die
Gruppenschlafzelte mit zehn Mann belegt“, beantwortete Matze die Frage.
„Gut!“, entgegnete Xaver verschlagen. „Hier drin sind neun Ketten mit
Davidsternen. Die hängt ihr den Verdächtigen heute Nacht um, während sie
schlafen“.
Xaver hatte in der vorigen Woche eine Vision, von der er Leon am
Nächsten morgen aufgelöst berichtete. Er sah ganz deutlich neun Welpen,
die ständig in Markus‘ Nähe waren. Erst stellten sie ihn nur bloß und
das ganze Zeltlager tuschelte über ihn und machte schräge Witze. Doch
später, konnte von Beutelstein ganz deutlich sehen, wie zwei Welpen
gleichzeitig seinen Bewusstlosen und gefesselten Neffen vergewaltigten,
während die anderen Sieben, mit sabbernden Lefzen, darauf warteten
Markus ebenfalls ficken zu dürfen.
„Ist euch sonst noch irgendwas aufgefallen? Wo Welpen sind, da ist ein
Leitwolf nicht weit“, wollte Leon wissen. „Jetzt wo du fragst“, begann
Matthias, „der Leiter des Zeltlagers, Johannes Rimmel aus Fürth …“ „Was
ist mit ihm?“ „Er trägt seit einigen Tagen ständig einen dieser
Wolfsringe, mit den weißen Augen“. „Xaver, wir beide gehen heute Nacht
auf die Jagd. Aber ihr hängt den neun Jungs trotz allem die Ketten mit
den Davidsternen um, denn Rimmel ist nicht IHR Leitwolf und wenn sie als
vermeintliche JUDEN aus dem Zeltlager entfernt werden, können wir sie
Problemlos übernehmen“. Leons Augen glänzten, als er dies sagte. Zuletzt
ließen sich Xaver und Leon, den Leiter und dessen Gewohnheiten
ausführlich beschreiben. Rimmel hatte die Angewohnheit, im Wald zu
verschwinden, und sich dem Alkohol hinzugeben, sobald es im Lager still
war und alle schliefen. Die Kusenbergs waren ihm einmal heimlich
gefolgt, deshalb wussten sie auch genau, wo er seine ‚Vorräte‘ lagerte.
„Ihr kehrt jetzt besser ins Zeltlager zurück, bevor ihr vermisst
werdet. Xaver und ich werden uns in Ruhe auf unseren Nachteinsatz
vorbereiten“ …
Chris und Markus saßen mittlerweile wieder eng aneinander gekuschelt
und küssten; bis sie sich Minuten später, verliebt dreinblickend,
voneinander lösten und gut gelaunt Feuerholz fürs Lager sammelten.
Während Chris sich dabei vorstellte, wie es wohl sein würde, wenn er
Markus zum ersten Male ficken würde, kreisten dessen Gedanken darum, im
Schutze der Nacht mit dem Freund zu kuscheln und jeden einzelnen
Zentimeter seines Körpers mit Händen, Zunge und Lippen erkunden zu
können. So etwas hatte der junge Bayer bisher noch nicht erlebt. Sicher
in letzter Zeit hatte er sich immer stärker für die männlichen
Sexualorgane interessiert, als den blöden kichernden Weibern mit dicken
Zöpfen und großen Brüsten hinterher zu schmachten. Aber das er
ausgerechnet hier im bayrischen Wald jemanden treffen würde, den Jungs
ebenfalls mehr interessierten, damit hätte er niemals im Traum
gerechnet. Wie schwer war es ihm doch bisher immer gefallen, aus Angst
vor Strafe, die eigene sexuelle Identität zu verbergen. Doch mit einem
so tollen Jungen wie Christian an seiner Seite würde es ihm viel
leichter Fallen. Denn in ihm hatte er endlich jemanden gefunden, der
seine geheimsten Wünsche und Träume wahr werden lassen könnte.
Doch je länger sie sammelten, umso mehr schlug Markus‘ Stimmung wieder
um. Was, wenn sie irgendwer aus dem Zeltlager heimlich beobachtet
hatte? Er hatte mit einem anderen Jungen rumgeknutscht, das war ein
eindeutiger Verstoß gegen den WJ-Kodex. Er würde mit Schimpf und Schande
aus dem Zeltlager geworfen, außerdem würde dieser ungeheuerliche
Vorfall sicher der Justiz gemeldet werden. Homosexualität wurde mit
Zuchthaus bestraft … sie würden ihn verurteilen und in eine Zelle
sperren. Doch damit nicht genug, denn im Zuchthaus standen Homosexuelle
wie Kinderschänder auf der untersten Stufe. Sie waren Freiwild für
Mitgefangene und Wärter, die würden über ihn herfallen und ihn solange
quälen, bis er am Ende tot sein würde. „Hey Markus, was ist denn los mit
dir?“ „Es war falsch … wir dürfen das nicht machen“, antwortete er mit
Tränen in den Augen. „Was dürfen wir nicht machen, Feuerholz sammeln?“
„Begreifst du es immer noch nicht?“, schrie Markus zornig. „Das was wir
gemacht haben ist verboten und wird mit Zuchthaus bestraft“, fuhr er
fort, lies sein Holz fallen und rannte blind drauflos, immer tiefer in
den Wald hinein.
„Markus, so warte doch“, rief Chris ihm hinterher und nahm seine
Verfolgung direkt auf, nachdem auch er das Holz hatte fallen lassen. Der
war zwischenzeitlich über eine aus dem Waldboden ragende Baumwurzel
gestolpert und lag fluchend am Boden, als Christian ihn erreichte. „Hast
du dir weh getan?“, fragte er Atemlos und wollte Lenz aufhelfen, doch
der wehrte ab und antwortete gereizt: „Herrgottsakra, du konnst mi mol …
mit dera blöd‘n Frogerei.“ „Sehr, sehr gerne Markus“, entgegnete er
ruhig, „aber nicht hier und nicht jetzt. Denn dafür weiß ich einen viel
romantischeren Platz“. Mit dieser Antwort hatte Lenz nicht gerechnet und
von einem Augenblick auf den nächsten, kugelte er sich lachend über den
Waldboden.
„Entschuldige bitte Chris, mein Verhalten war absolut kindisch“,
begann sich Lenz kleinlaut zu entschuldigen. „Aber das ist alles noch so
neu für mich.“ „Für mich doch auch Süßer. Ich hatte zwar schon was mit
Jungs, aber mit dir ist es völlig anders. Ich hab mich vom ersten
Augenblick an in dich verliebt Markus. Schon damals, als mir dein Onkel
Xaver, das Bild von dir zeigte“, gestand er und hätte sich nach dem
letzten Satz am liebsten selber geohrfeigt. „Woher kennst Xaver und
warum hat er dir mein Bild gezeigt?“ „Wir haben uns in Törzburg kennen
gelernt. Er hat es mir gezeigt, weil er um dich besorgt ist.“ Lenz
schaute den jungen Franzenstein verwirrt an. „Aber warum, es geht mir
doch gut hier.“ „Na klar, es geht dir hier so gut, dass deine Kameraden
dich verprügeln wollten, nur weil du am See einen steifen Penis
hattest.“
Minutenlanges Schweigen folgte, bis Markus die Sprache wieder fand.
„Aber …“ „Nix aber … sie wollten dich verprügeln, nur weil du anders
bist“, wischte Christian diesen Versuch eines Einwandes weg, bevor Lenz
ihn vollenden konnte. Stattdessen half er Markus vorsichtig auf sah ihm
tief in die Augen und zog ihn in seine Arme. Je länger sie sich
anschauten, umso größer wurde das Verlangen des jungen Müncheners,
seinen Gruppenleiter zu küssen. Das kribbeln in seinem Bauch nahm wieder
zu und sein Herz schlug so schnell und laut, dass er glaubte Chris
müsste es hören, so aufgeregt war er. Wie vorhin näherten sich auch
dieses Mal ihre Lippen, bis sie in einem Zungenkuss miteinander
verschmolzen.
„Vertraust du mir?“, fragte Franzenstein Minuten später leise. „Ja“,
antwortete Lenz leise. „Die Wolfsjugend ist nicht gut für dich, denn sie
soll dich auf etwas vorbereiten, dass du später zutiefst bereust“,
flüsterte er seinen Freund entschlossen ins Ohr. Markus zuckte zusammen
und blickte Franzenstein an, als würde er ein Gespenst sehen. „Weißt du
eigentlich warum das Ladengeschäft von Levi Strauss dem Erdboden gleich
gemacht wurde?“ Lenz hatte keine Ahnung, er lag an jenem Abend mit hohem
Fieber im Bett. „Überall im Deutschen Reich, ziehen Wolfsjungen durch
die Geschäftsstraßen und beschmieren Schaufensterscheiben mit Parolen
gegen die jüdischen Inhaber. Das in München, war die bisher mit Abstand
härteste Aktion überhaupt. „Die Familie Strauss ist nur knapp mit dem
Leben davon gekommen und ausgewandert“.
Erleichterung, Trauer und Wut spiegelten sich in Markus Augen wider.
Erleichterung, dass die Familie überlebt hatte und in Sicherheit war.
Trauer, weil er und sein Vater die jüdischen Freunde nicht nur zum
Haareschneiden besuchten, und Wut darüber, weil sie scheinbar getötet
werden sollten, nur weil sie jüdischer Abstammung waren. „Lass uns jetzt
wieder Holz sammeln gehen, bevor wir noch vermisst werden“. Lenz nickte
nur stumm und lächelte Chris dabei an. Ein letzter Kuss noch, dann
machten sie wieder an ihre Arbeit …
Baustellenreport II
vor 6 Jahren
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