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Dienstag, 6. Dezember 2011

Rico, der Straßenjunge und ich 7

Ich hatte 1000 Schmetterlinge im Bauch. Es war zwar noch zu früh, von einer Beziehung zu reden, aber es war ein verdammt guter Anfang. Ich strahlte so sehr, dass man damit locker ganz Grünwald hätte beleuchten können. „Hey Basti? Bis Du noch da?“, grinste Rico mich an und riss mich so aus meinen Gedanken. „Hmmm? Ach so ja bin noch da“, grinste ich zurück und wieder trafen sich unsere Lippen. „Zu mir oder zu Dir?“, fragte ich Rico zwinkernd. „Hmmm … zu Dir“, entschied Rico und zwinkerte zurück. Ich stand auf und wollte Ricos Hand ergreifen, doch dann stockte dieser. „Sag mal Basti warum bist du eigentlich hergekommen. Ich meine nach gestern?“ Mein Herz setzte kurz aus. „Hmm, naja nur so. War eben hier unterwegs und hab Dich gesehen.“ log ich und versuchte nicht Rot zu werden. Rico stutzte und sah mich komisch an „Komm Basti … lüg mich nicht an. Was war los?“ Mir wurde plötzlich ziemlich warm und ich fing an zu schwitzen. „Ja ok. Ich wusste das du und Nico, na ja … das ihr euch getrennt habt.“ Dabei versuchte ich Schuldbewusst auszusehen, was mir aber nicht wirklich gelang. Das Funkeln in Ricos Augen war komplett verschwunden. Was ich darin sah, war Ratlosigkeit und Enttäuschung. „Woher wusstest du es? Und lüg mich nicht wieder an!“ „Ich … ich hab’ zufällig Nico getroffen und der hat es mir gesagt.“ Das war zumindest nicht gelogen. „Du lügst doch schon wieder! Ok Basti, Du hast eine Chance die Wahrheit zu sagen. Wenn Du wieder lügst, bin ich gleich weg!“ „Ok, aber lass uns zu mir gehen. Bitte! Ich will das nicht hier in der Öffentlichkeit besprechen.“ Während Rico überlegte versuchte ich ruhig zu bleiben. Vielleicht würde er ja nicht zu Böse sein, wenn er es erfuhr. „Ok wir gehen zu Dir. Aber keine Spielchen, Ok?“ Ich stand auf und wollte erneut Ricos Hand nehmen, aber er zog sie weg und blickte mich böse an.
Den ganzen Weg bis zu mir schwiegen wir uns an. Währenddessen versuchte ich meine Gedanken zu ordnen, schweifte aber immer wieder ab. Gerade war ich noch so glücklich und jetzt das? Ich hoffte einfach nur, dass alles wieder gut wird.

Bei mir angekommen schloss ich die Tür auf und bat Rico rein. Wie nicht anders zu erwarten, war wieder einmal niemand daheim. Wir zogen uns aus und gingen nach oben. Rico machte große Augen, als er mein „Reich“ betrat. Er ließ seine Blicke schweifen und setzte sich dann vorsichtig auf das Sofa. Ich lächelte ihn an doch alles, was zurückkam, war ein kalter Blick. Also setzte ich mich neben ihn und erzählte die ganze Geschichte. Dass ich mich besaufen wollte, dann auf Nico traf und wie er mich dann verführt hatte. Rico saß die ganze Zeit still da und nickte nur ab und zu.
Als ich fertig war, sah er mich mit traurigen Augen an. „Du hast also die Situation einfach ausgenutzt?“ fragte er mich. „Nein Rico! Ich wollte nur gucken, wie es dir geht und mich entschuldigen.“ „Reichlich spät meinst Du nicht?“ Nach diesen Worten stand Rico auf. „Ich glaube wir brauchen noch etwas Zeit Basti. Ich muss das alles erst verarbeiten.“ Sämtliche Farbe, wich aus meinem Gesicht und ich hatte einen riesigen Kloß im Hals. Ich schluckte und versuchte auch die Tränen zu unterdrücken. „Wir dürfen nichts überstürzten.“ „Bitte Rico, lass mich Dir zeigen das, wie sehr ich Dich liebe.“ Ich sah Rico mit flehendem Blick an. „Bitte mach es mir nicht so schwer. Das geht mir alles zu schnell und jetzt muss ich auch noch verdauen, dass du mit meinem Ex geschlafen hast“. Rico ging zur Tür und stürmte runter. Ohne ein weiteres Wort ging er und mir fehlte die Kraft, ihm zu folgen. Dabei hatte so sehr gehofft, dass zwischen uns alles wieder gut wird. Und jetzt das. Es gab sicher keine Hoffnung mehr für uns. Mit Tränen in den Augen ließ ich mich zur Seite fallen … ich war fühlte so unendlich leer. Wenige Augenblicke später fiel ich in einen traumlosen Schlaf.
Als ich wieder erwachte, war es fast 23 Uhr. Ich stand langsam auf und streckte mich. Mein Blick fiel zur Tür und die Erinnerungen an den Nachmittag kehrten zurück. Sofort schlug meine Laune wieder um, nur diesmal war es keine Trauer, sondern Wut, die mich erfasste. Wut über mich und das ich Rico gesagt hatte, was passiert war. Aber auch Wut auf Rico, dass er erneut so heftig reagiert hatte. Ich trat mit dem Fuß gegen meinen Schrank. Der Schmerz zog sich durch das ganze Bein. „SHIT!“ fluchte ich lauthals und humpelte zurück auf mein Sofa. Ich musste etwas unternehmen, wenn ich Rico nicht endgültig verlieren wollte. Aber was? Einfach zu ihm rennen und um Verzeihung betteln, kam nicht infrage. Dann würde ich ja gleich als Weichei abgestempelt werden. Ich sollte versuchen noch mal ruhig mit ihm zu reden, sofern das möglich war. Der Schmerz in meinem Fuß war verflogen, also rappelte ich mich auf, ging runter, zog mir Schuhe und Jacke an und machte mich entschlossen auf den Weg zu Rico. Die kühle Luft tat gut und endlich konnte ich meine Gedanken ordnen.

An der Tram angekommen sah ich mich um. Konnte Rico jedoch nicht entdecken.
Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir. Ich drehte mich um und erkannte Nico. Er roch wie eine ganze Brauerei und hatte mächtig Schlagseite. „Du dreggiger Pisser … hör auf dich an meinem Freund ransumachn!“ lallte er mir entgegen „Ich dachte ihr habt euch getrennt“, sagte ich mit möglichst ruhiger Stimme Ich musste irgendwie versuchen zu verhindern, dass Nico durchdrehte und mich angriff. „Ja wegen diru Arsch. Ich war so glücklich mid ihm. Und dann kommsu und machs alles kapudd. Ich hab Euch knudschn sehn.“ Er hatte den Satz gerade beendet, als seine Faust mein Gesicht traf. Der Schlag traf mich so unerwartet und heftig, dass Ich keine Chance mehr zum auszuweichen hatte.
Etwas knackte, dann taumelte ich rückwärts, ging zu Boden; schlug mit dem Hinterkopf aufs Straßenpflaster, und während mir die Sinne schwanden, registrierte ich noch das ich mindestens einen Zahn verloren hatte. Mein Mund füllte sich mit Blut, mein Kiefer schmerzte und dann wurde mir Schwarz vor Augen …
Irgendwann schreckte hoch. Wo war ich? Und warum tat mir mein Kopf so höllisch weh? Nur langsam kamen die Erinnerungen wieder zurück. Ich war auf Nico getroffen und der hatte mir eine verpasst und was danach kam, fehlte mir komplett. Ich schaute mich um und erkannte, wo ich mich befand … in der Fußgängerzone unter einer der Treppen. Als Nächstes hörte ich hinter mir ein Räuspern, drehte mich in die Richtung, aus der das Geräusch kam und erkannte Rico, der mich sanft anlächelte. „Hey wie geht’s Dir?“ „Bis auf meinen Kopf und den Mund ganz gut.“ „Was war überhaupt los? Als ich dazukam, stand Nico vor dir und wollte auf Dich eintreten. Da hab ich ihn weggezogen, ihm eine verpasst und danach ist er abgehauen.“ „Na ja er stand plötzlich hinter mir und lallte, ich wäre schuldig an eurer Trennung und dann hat er auch schon zugeschlagen. Danke das Du mir geholfen hast“.
Rico sah mir tief in die Augen. „Das von gestern tut mir leid“, plapperten wir gleichzeitig los. Ich lachte nervös und fasste mir an den Hinterkopf, der immer noch schmerzte.
„Rico das gestern tut mir unendlich Leid. Ich verstehe, dass Du Zeit für dich brauchst und das erst verarbeiten musst.“ „Mir tut es ja auch Leid. Ich hätte dir niemals unterstellen dürfen, dass du die Situation ausgenutzt hast. Ich hab einfach überreagiert“.
Erneut trafen sich unsere Blicke. „Und wie soll es jetzt weitergehen mit uns?“, fragte ich Rico leise. „Am besten so“, antwortete er und wir küssten uns zärtlich. Als wir uns voneinander lösten, sah ich wieder dieses Strahlen in Ricos Augen. „Aber lass uns langsam machen, ok?“ „Ja ok versprochen“. Wieder küssten wir uns. Rico fasste mir dabei an den Hinterkopf, wobei hörbar Luft einsog, als seine Hand meine Wunde berührte. „Hmm, das sollte sich ein Arzt ansehen“, bemerkte Rico und blickte mich besorgt an. Also kramte mein Handy hervor und rief Georg an. Er sagte zu sofort zu kommen, um mich ins Krankenhaus fahren. Ich verabschiedete mich noch schnell von Rico und versprach, morgen früh wieder vorbeizukommen.
Zehn Minuten später traf Georg ein und ich stieg sofort ein. Als er mich sah, wurden seine Augen größer. „Scheiße was hast Du denn gemacht!?“ „Ricos Ex hat mich verprügelt.“ Er fuhr los und ich winkte Rico ein letztes Mal zu. „Na bei Euch beiden scheint ja auch alles zu passen“, grinste er breit. „Ja, aber wir wollen langsam machen und sind auf einem guten Weg.“

Während der Fahrt, schwiegen wir und Georg fuhr schließlich in die Notaufnahme des Harlachinger Krankenhauses. Fast zwei Stunden dauerte es dort, bis ich komplett versorgt war. Weil die Wunde schon zugeheilt war, musste nicht genäht werden, weswegen der Arzt einen ziemlichen Aufstand probte. Letzten Endes bekam einen kleinen Verband um den Kopf. Der Kiefer war Gott sei Dank nicht gebrochen, sondern lediglich leicht geprellt. „Da können wir auch nicht viel machen“, meinte der Arzt.

Als wir endlich wieder im Auto saßen, grinste Georg mich breit an. „Was denn mit dir los? Hast Du Dir, was gespritzt als ich beim Arzt war?“ „Nein, nein. Ich frag mich nur, wann Du es IHNEN endlich sagst?“ Mit Fragezeichen in den Augen blickte Georg an „Was soll ich wem sagen?“ Noch immer grinste er breit „Oh man … du bist echt nicht der Hellste. Ich meine, wann du dich endlich bei Deinen Eltern outest?“ „Wie kommst Du denn jetzt darauf?“ „Naja bei dir und Rico scheint es ja endlich gut zu laufen. Und da wäre es vielleicht mal ganz gut, das zu erledigen.“ „Du kennst doch meine Eltern. Und du weißt doch sicher noch das, mit unserem schwulen Nachbarn? Glaube nicht, dass das bei mir anders wäre.“ „Das kannst du nur wissen wenn du es versuchst. Und ewig kannst du dich kaum verstecken. Wenn wirklich was schief geht, dann versuche ich dich, bei mir unterzubringen.“ Wie immer hatte Georg recht, lange würde das nicht mehr gut gehen. Vor allem weil Rico wohl künftig häufiger bei mir sein würde. Und wenn ich tatsächlich bei ihm bleiben könnte, weil mein Dad das nicht begreifen wollte, hatte ich zumindest für die erste Zeit eine Option. Ich überlegte noch etwas hin und her und fasste dann den Entschluss. „Georg? Ich glaube es ist besser, wenn ich mich endlich oute. Morgen kommt mein Dad heim, dann werde ich es ihnen sagen!“ „Ok, und ich sag dir später noch Bescheid ob du, falls es Negativ läuft, bei mir bleiben kannst.“
Georg setzte mich daheim ab und fuhr direkt weiter. Als ich die Tür öffnete, kam mir Essensduft entgegen. Was heißen musste das meine Mum oder Dad daheim waren. Ich trat in die Küche und sah meinen Dad an der Mikrowelle stehen. „Hi Dad.“ Hallo Sebastian. Oh Gott was ist denn mit Dir passiert?“ „Nichts Schlimmes. Passt schon“. Er besah sich kurz alles und ging aber nicht weiter drauf ein. „Dachte du wolltest erst morgen wieder kommen?“ „Ja ursprünglich schon. Aber die Konferenz hat nicht solang gedauert wie geplant.“ „Wann kommt deine Mum heim?“ „Die wollte heute Abend kommen“.

Ich ging rauf in mein Zimmer und legte mich erstmal auf die Couch. Mein Kopf tat immer noch weh und auch mein Kiefer schmerzte etwas. Ich machte die Augen zu und versuchte zu schlafen.
Ich träumte von meinem ersten Date mit Rico und noch anderes, wirres Zeug.
Dann riss mich plötzlich eine Musik aus meinem Schlaf. Es war mein Handy, verschlafen rieb ich rieb mir die Augen, griff es dann und sah das ich eine Nachricht von Georg hatte. Er schrieb das ich bei ihm bleiben könnte wenn alles schief geht. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es 18 Uhr war. Mein Magen knurrte bedrohlich, also ging ich runter in die Küche, um mir dort was zu machen. Meine Mum war immer noch nicht da. Also öffnete ich den Kühlschrank und holte mir Wurst und Käse heraus, um mir zwei Brote zu machen, die ich so schnell hinunterschlang, dass ich wieder meinen Kiefer wieder spürte. Danach zog ich mich an und machte mich auf den Weg zu Rico.

Dort angekommen hielt ich nach ihm Ausschau, entdeckte ihn aber nicht. Bis mich plötzlich jemand von hinten umarmte und mir seinen Kopf auf die Schulter legte. Ich drehte mich und sah in Ricos wunderschöne schönen Augen. Wir küssten uns zärtlich. Das uns dabei alle anstarrten war mir egal. Für mich zählte nur dieser Augenblick. In mir breitete sich eine Wärme aus, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte. Wir lösten uns voneinander und strahlten uns gegenseitig an. „Na wie geht’s dir? Warst Du beim Arzt?“ „Ja war ich. Ist nix Schlimmes, wird schon wieder.“ „Hast ja nen schönen Verband“, lachte Rico und ich knuffte ihm in die Seite.

„Du Rico?“ „Hmmmm?“ „Ich bräuchte dich bitte morgen mal. Will mich daheim outen.“ „Wegen mir?“ „Naja das auch. Aber vor allem will ich mich nicht mehr verstecken müssen.“ „Du guckst aber nicht sehr glücklich aus der Wäsche dabei.“ „Ich kann dir dazu eine kleine Geschichte erzählen, aber können wir uns hinsetzen?“ Wir gingen zu einem etwas höheren Steinzaun und setzten uns dort rauf. „Also, wir hatten vor nicht so langer Zeit einen Nachbarn, der auch schwul war. Zuerst lief alles ganz normal. Bis der Typ sich auf einer kleinen Grillfete outete. Mein Dad tyrannisierte ihn von da an täglich, das ging so lange, bis der ausgezogen ist und Anzeige erstattet hatte gegen uns“, Rico blickte mich besorgt an „Und Du meinst er reagiert bei Dir anders?“ „Ich hoffe es zumindest. Bin ja sein Sohn.“ „Und wenn er dich rauswirft?“ „Kannst Du Dich noch an Georg erinnern?“ „Ja klar, der Typ, der das Date für Dich ausgemacht hat?“ grinste Rico. „Ja genau der. Ich könnte dann zunächst bei ihm einziehen“.

Ich kuschelte mich etwas an Rico. „Aber ich hoffe einfach das sie es verstehen.“ Rico nickte nur und wir küssten uns wieder. Wir saßen noch eine halbe Stunde da, kuschelten etwas und küssten uns immer wieder. Um 19 Uhr verabschiedeten wir uns wieder. Ich gab Rico einen letzten Kuss, dabei fing er an, mit seiner Zunge an meinen Lippen zu spielen. Ich öffnete leicht meinen Mund und Rico drang ein. Wir züngelten etwas, dabei spürte ich wieder die Hitze in mir aufsteigen. Unsere Zungen umkreisten sich und spielten miteinander. Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns voneinander. Ich streichelte Rico sanft über den Kopf.
„Rico, ich liebe dich.“ Ich sah einige Tränen in Ricos Augen. „Ich liebe Dich doch auch“, schluchzte er und wischte sich danach die Tränen weg. Wir küssten uns noch mal. „Ich komm morgen früh vorbei und hole dich ab, ok? „Ja ok freu mich schon“. Ich lächelte und nach einem weiteren Kuss ging ich wieder.
Ich war ich mir so sicher, dass alles gut gehen würde. Doch leider hatte ich mich getäuscht ...

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