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Dienstag, 14. Februar 2012

Rico, der Straßenjunge und ich Teil 13


Irgendwann drangen leise Stimmen zu mir durch, die aber zu weit weg wirkten, um etwas verstehen zu können. Als ich dann langsam versuchte ich meine Augen zu öffnen, schien grelles Licht durch meine halb geöffneten Augenlieder. Blinzelnd versuchte ich, mich umzusehn, aber es war alles verschwommen. Die Stimmen wurden aufgeregter, abseits bekam ich mit, wie jemand das Zimmer verließ. Dann stand jemand neben mir, ich öffnete meine Augen ganz und erkannte Georg, der mich besorgt ansah. Wo war ich nur? Um besser sehen zu können, wollte ich mich aufrichten, aber Georg hielt mich mit sanftem Druck zurück nach. „Bleib besser liegen, der Arzt kommt gleich, wie fühlst du dich?“ Als ich versuchte ihm zu antworten kam nur ein krächzen heraus so trocken war mein Hals. Georg nahm ein Glas Wasser vom Nachttisch, steckte den Strohhalm hinein und ließ mich trinken. In meinem Kopf hämmerte es stark. „Danke, es geht schon … aber was …?“ Dann kam alles zurück. Nico … Rico mit dem Messer im Bauch. Senkrecht saß ich im Bett. „Was ... wie geht’s es Rico?“ Flehend sah ich Georg an. Der erwiderte meinen Blick sehr ernst. „Basti er …“ Dann kam der Arzt ins Zimmer, der gleiche wie damals nach meinem Autounfall. „Herr Fechner … was machen sie denn für Sachen? Ich dachte ein Krankenhausbesuch, reicht ihnen für die nächste Zeit“, begrüßte er mich mit sanftem Lächeln. „Lassen Sie sich mal anschauen“. Eigentlich war ich zu unruhig dafür, ich wollte endlich wissen, was mit Rico ist. Er leuchtete mir in die Augen und Ohren, besah sich die Wunde und betastete meinen Kopf. „Sieht ja soweit ganz gut aus, jetzt schlafen Sie erstmal eine Runde.“ Doch bevor der Doktor aus dem Zimmer gehen konnte, hielt ich ihn auf. „Wie … wie geht’s Rico?“

Er sah mich verständnislos an. „Er meint den jungen Mann, der mit ihm zusammen hier eingeliefert wurde.“ „Herr Fechner, Ihr Freund war sehr schwer verletzt, er hatte viel Blut verloren und …“ „Warum reden Sie in der Vergangenheit von Rico? Jetzt sagen Sie schon was los ist!!!“ Georg drückte mich wieder zurück ins Bett. „Herr Fechner, Ihr Freund ist seinen Verletzungen erlegen, wir konnten nichts mehr für ihn tun“ …

„Neeeeeiiiinnnnnn!“, schlagartig riss ich die Augen auf, zitterte am ganzen Körper und Tränen liefen mir über die Wangen. Georg stürmte an mein Bett. „Er ist tot Georg, er ist tot!“ Besorgt sah er mich an. „Wer ist tot?“ „Rico! Ohgott er ist gestorben, oder?“ Georg nahm mich vorsichtig in den Arm. „Psssst … du hattest nur einen Albtraum. Rico lebt!“ Laut schluchzend lehnte ich mich an ihn und meine Tränen tränkten seinen Pulli. „Was ist mit ihm?“ Doch bevor Georg antworten, konnte betratt wieder ein Arzt das Zimmer. „Guten Tag Herr Fechner, mein Name ist Dr. Martens.“ Langsam kam er an mein Bett. „Dann wollen wir mal schauen“. Er führte die gleichen Untersuchungen bei mir durch wie im Traum. „Sie haben eine leichte Gehirnerschütterung, das ist aber nicht weiter dramatisch. Wir behalten Sie trotzdem noch ein paar Tage zur Beobachtung hier. Wie fühlen Sie sich sonst?“ „Bitte sagen Sie mir wie es meinem Freund geht?“ „Ihrem Freund?“ „Rico, der junge Mann der mit ihm hier eingeliefert wurde.“ „Oh ja, sein Zustand ist immer noch sehr kritisch. Er hat viel Blut verloren und hatte schwere innere Verletzungen. Wir konnten ihn zwar stabilisieren, aber er liegt im Koma und wir wissen nicht ob und wann er wieder aufwacht.“

„Was meinen Sie mit ob und wann?“ „Ihr Freund hatte sehr starken Blutverlust und innere Verletzungen. Es ist ein Wunder, das er überhaupt noch lebt.“ „Soll das heißen, er könnte noch sterben?“ Die letzten Worte gingen in lautem Schluchzen unter. „Ich möchte in Ihnen keine falschen Hoffnungen wecken. Ja es könnte sein das er stirbt!“ Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, das ich bereits in der Wohnung hatte, machte sich erneut in mir breit. Träne um Träne, lief über meine Wange. „Bitte … er darf nicht sterben!“ Georg nahm mich wieder in seine Arme und warf dem Arzt einen bösen Blick zu. „Sie können gehen glaube ich“, ohne ein weiteres Wort verschwand der Doktor. „Alles wird gut Basti, er wird es schaffen. Ihr habt schon so viel gemeinsam überstanden. Jetzt schlaf erstmal ‘ne Runde. Morgen sieht das alles schon ganz anders aus.“ „Bleib bitte bei mir.“ „Ja Großer ich bleibe hier“. Er hielt mich noch einige Minuten so im Arm. Ich merkte gar nicht mehr, wie ich einschlief, Georg mich zurück ins Bett legte und zudeckte …

Als ich wieder aufwachte, schien die Sonne und durch das geöffnete Fenster hörte ich leise das zwitschern der Vögel. Verschlafen rieb ich mir mit den Händen über die Augen. Georg betrat den Raum und lächelte mich sanft an. „Na wie geht’s Dir heute?“ „Danke etwas besser“. Bevor wir noch ein weiteres Wort wechseln konnten betrat eine Schwester das Krankenzimmer. „Guten Morgen!“ Sie stellte mir ein Tablett mit Früstück ans Bett. Zwei Brötchen, etwas Marmelade, Orangensaft und Tee. „Guten Appetit, der Doktor kommt in einer Stunde zur Visite.“

So wirklich Hunger hatte ich allerdings nicht, zu groß waren meine Sorgen um Rico. „Magst du was essen? Hab keinen Hunger“, nuschelte ich und lehnte mich zurück. „Erstens hab ich grad gefrühstückt und zweitens solltest Du wirklich was essen.“
„Aber …“ „Nix aber! Iss was!“ Erstaunt schaute ich zu Georg, der mich böse ansah. „Ok, ok ich ess ja was.“ Wir saßen uns zehn Minuten still gegenüber während ich versuchte eine Semmel mit Marmelade runterzuwürgen. „Wie sind wir eigentlich hier hergekommen? Ich hab noch versucht das Telefon zu holen, aber na ja dann bin ich ohnmächtig geworden“.


Georg:


„Jenny und ich haben Euch gefunden.“ Basti sah mich verwirrt an. „Na ja Jenny hatte was bei Euch liegen lassen und das wollten wir holen …

„Und was hast Du vergessen?“ rief ich Jenny aus dem Bad zu. „Meinen kleinen Schminkspiegel.“ „Und deshalb müssen wir die beiden jetzt stören?“ „Ja müssen wir. Das ist der, den du mir geschenkt hast!“, gab sie etwas gereizt zurück. Ich kam aus dem Bad, umarmte Jenny von hinten und drückte Ihr einen zärtlichen Kuss in den Nacken. „Sollen wir gleich fahren?“ „Du kannst ja richtig süß sein!“ grinste sie mich an. „Nur für dich Süße.“ Wir küssten uns zärtlich. „Dann los.“ Wir zogen uns schnell an und gingen zum Auto. „Wer fährt?“ „Ich muss üben also ich“, grinste Jenny und schon saß sie hinter dem Steuer. Sie hatte ihren Führerschein noch nicht lange und fuhr auch dementsprechend. Gut, das es Airbags gibt, dachte ich und grinste dabei. „Na los komm schon und grins nicht so. So schlecht fahr ich auch nicht!“ Mich meinem Schicksal fügend, setze ich mich auf den Beifahrersitz und wir fuhren los.

„Schatz fahr bitte nicht so weit rechts!“ „Hör auf mich zu belehren! Ich kann das schon!“
Die restliche Fahrt blieb ich ruhig. Keine fünfzehn Minuten später kamen wir bei euch an.
Ich schnallte mich ab und stieg aus dem Auto, Jenny verriegelte den Wagen und wir gingen Hand in Hand zur Hausnummer drei. Kurz vor dem Eingang stolperte ein schwarz gekleideter Junge aus der Haustür und rannte Jenny beinahe über den Haufen. „Hey pass doch auf!“ Er blickte mir gehetzt in die Augen und ich erkannte etwas rotes auf seiner Hand. Er schubste mich zur beiseite und rannte weiter. „Was war das denn?“, fluchte Jenny während mein Gehirn, das eben gesehene noch verarbeitete. „SHIT!“, fluchte ich laut und rannte die Treppe hoch. Jenny schrie mir irgendwas hinterher, was ich aber nicht mehr verstand. Oben angekommen sah ich zuerst die offene Wohnungstür. Geschockt sah ich Rico blutend auf dem Boden liege, du lagst bewusstlos daneben. Jenny kam die Treppe hoch und stieß einen kurzen spitzen Schrei aus. „Schnell ruf den Notarzt!!!“ Jenny stand da wie angewurzelt und blickte mich geschockt an. „Verdammt! Jetzt mach schon!“ Damit schien ich Sie aus dem Schockzustand geholt zu haben. Sofort friemelte sie ihr Handy aus der Jacke. Währendessen stürmte ich zu dir und fühlte deinen Puls. Du warst wirklich nur bewusstlos! Ich robbte zu Rico und fühlte an seinem Hals. Doch da war nix. Es war auch kein Atem zu spüren. Oh nein, was hatte ich gelernt beim Erste Hilfe Kurs. Ich tat einfach, was mich gerade einfiel, riss sein Shirt auf und suchte die Mitte seiner Brust. Ich drückte zu und begann mit der Herzlungenmassage.

Zwei Minuten später hatte er endlich wieder einen Puls und ich spürte seinen Atem. Dann kam auch schon der Notarzt …“



Ich hatte gar nicht gemerkt, dass Basti während ich erzählte leise angefangen hatte zu weinen …


Basti:


„Danke!“ schluchzte ich. „Danke das ihr gekommen seid. Rico wäre sonst bestimmt …“ Weiter kam ich nicht weil sich die dicken Tränen über meine Wangen, auf meiner Brust ausbreiteten und ich einen Kloß im Hals bekam. Georg stellte das Tablett beiseite, nahm mich wieder in den Arm und reichte mir danach ein Taschentuch. Während ich mich schnäuzte kam der Arzt in mein Zimmer und bat Georg den Raum zu verlassen. „So Herr Fechner, eine geht es ihnen den heute?“ „Hmm danke schon etwas besser.“ „Gut, wir möchten Sie gerne noch bis morgen zur Beobachtung in der Klinik behalten“. Ich nickte. „Wann kann ich meinem Freund sehen?“ „Wenn Sie wollen sofort. Ich hole eine Schwester, die Sie hinbringt.“ Er verließ kurz den Raum und kam fünf Minuten später mit der Schwester von vorhin zurück. „Führen Sie den jungen Mann doch bitte zu Zimmer 17.“ Sie nickte und half mir aufzustehen. Kurz schlüpfte ich ins Bad und zog mir dort einen Jogginganzug an.

„Wir kennen uns noch gar nicht. Ich bin Schwester Renate“. Sie lächelte mich an. „Sebastian“, antwortete ich und reichte Ihr die Hand. „Ist Rico denn schon wach?“ „Oh nein noch nicht. Aber es wird euch beiden gut tun, wenn du ihn besuchst. Darf ich fragen, wie Dein Verhältnis zu ihm ist?“ Ich wurde leicht rot. „Ähm ja, also wir sind, na ja, ein Paar.“ druckste ich herum. Schwester Renate grinste mich an. „Oh dann ist das bestimmt grad sehr schwer für Dich.“ Wir erreichten das Zimmer mit der Nummer 17 und ich trat alleine ein. Rico lag da, angeschlossen an diese Maschinen überall piepste und summte es. Ich begann leicht zu zittern, während ich weiter auf ihn zuging. Nichts verriet, dass er noch lebte, mit feuchter Hand griff ich nach seiner und blickte Rico mit tränenden Augen an. „Oh Gott ich bin an allem schuld.“ Einige Tränen lösten sich und rollten über mein Gesicht. „Verzeih mir bitte!“ Die Tränen wurden immer mehr und das Zittern wurde stärker. „Bitte wach auf Schatz. Bitte!“ Aber er rührte sich nicht. Nur die Maschinen summten weiter vor sich hin und ich spürte, wie langsam meine Beine nachgaben, dann brach ich weinend neben Rico zusammen ...

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